Mensch Maschine: Return to Earth im E-WERK Luckenwalde, Design: Basics09

Es ist an der Zeit zur Erde zurückzukehren. Über Milliarden von Jahren hat sie Leben nicht nur erhalten, sondern auch genährt und gefördert. Sie ist durchdrungen von den komplexen „Technologien“ der Ökosysteme, die Kolibris, Trauerweiden, Dreiherz-Oktopusse, Myzel-Netzwerke und Biolumineszenz ermöglichen. Doch diese Erde leidet heute schwer unter der Last von Ausbeutung und Vernachlässigung. Nur wenige Jahrhunderte rasanter Industrialisierung haben enorme Zerstörung angerichtet. Es ist an der Zeit zur Erde zurückzukehren.

Unsere Abhängigkeit von Innovation, Fortschritt und Effizienz – und dem techno-utopischen Versprechen unbegrenzten Wachstums – hat die Lebenserhaltungssysteme unseres Planeten erschöpft. Zurück zur Erde zu kehren bedeutet, ihre lebendigen Systeme wieder ins Zentrum unseres Denkens und Handelns zu stellen, statt sie lediglich als Ressource für menschliche Ambitionen zu betrachten.

Die Ausstellung Mensch Maschine: Return to Earth möchte den Klimadiskurs durch vielschichtige materielle, symbolische und kosmologische Begegnungen über verschiedene Zeiten, Spekulationen und Ursprungserzählungen hinweg neu entfachen. Acht Künstler*innen und Künstler*innenduos erforschen die Schnittstellen zwischen unterschiedlichen Welten, um dem vernetzten Planeten auf neue Weise zu begegnen. Automatisierte Techno-Tier-Kriege stehen im Kontrast zur kollektiven Intelligenz von Gemeinschaften, anzestrale Weisheiten treffen auf ökologische Technologien. Die Ausstellung deutet Technologien der Gewalt um in künstlerische Ausdrucksformen und widersetzt sich hegemonialen Erzählungen. Stattdessen eröffnet sie eine Vielfalt an poetischen Bild- und Erzählformen – von hybriden Kreaturen bis hin zu zersplitterten Landschaften.

Durch aktive Formen des Rückzugs und des Widerstands können wir radikale Perspektiven versammeln – Stimmen, die nach symbiotischen Systemen suchen. Systeme, in denen Ökologie und Technologie nicht als getrennte Disziplinen, sondern als verflochtene, lebendige Gemeinschaften verstanden werden. Die Frage ist nicht, wie wir hoffen, sondern wie wir gemeinsam denken. Wie wir Komplexität aushalten und dabei Empathie und Spielraum für Neues zulassen.

Künstlerische Positionen

Das E-WERK Luckenwalde, die JUNGE AKADEMIE der Akademie der Künste und die E.ON Stiftung freuen sich, die Gruppenausstellung der Mensch-Maschine-Fellows 2024–2025 im E-WERK zu präsentieren. Gezeigt werden Arbeiten von Assem Hendawi, Emerson Culurgioni & Viktor Brim, hn. lyonga & Safiya Yon, Kira Xonorika, Maithu Bùi, Rae Hsu und Sonya Isupova. Am 19. September präsentieren die Partner zudem im Stadtbad Live Luckenwalde das Musikfestival Mensch Maschine Musik mit Live-Auftritten von Bendik Giske, Discovery Zone und Nazanin Noori.

Mensch Maschine: Return to Earth zeigt künstlerische Positionen, die sich mit den komplexen Beziehungen zwischen Mensch und Maschine, Tier, Pflanze und Planet auseinandersetzen – vor dem Hintergrund der Klimakrise und der fortschreitenden Entwicklung digitaler Technologien wie der Künstlichen Intelligenz. Die Fellows des Programms bringen vielfältige kulturelle und geografische Kontexte, ästhetische Perspektiven und Wissenssysteme zusammen. In einer Zeit ökologischer Kipppunkte, globaler Kriege und anhaltender Bedrohungen für die Demokratie eröffnet Mensch Maschine einen pluriversalen, spekulativen Raum – für alternative Zukunftsentwürfe aus der Perspektive der Kunst.

Künstler*innen verändern vielleicht nicht die Welt – eine Verantwortung, die ihnen oft zu Unrecht auferlegt wird. Doch sie schaffen neue Vorstellungsräume, erinnern an das Wissen der Vorfahren, zeigen Brüche, stiften Konstellationen und ermöglichen Erfahrungen, die helfen, die verwobenen Beziehungen zwischen Mensch, Maschine, Tier, Pflanze und Planet besser zu verstehen.

Das Projekt Mensch Maschine wird von der E.ON Stiftung, dem Festivalförderprogramm der Initiative Musik mit Projektmitteln des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien für seine ökologisch nachhaltigen Maßnahmen, seine innovative musikalische Programmgestaltung und sein Engagement zur Unterstützung regionaler Strukturen gefördert. Mit freundlicher Unterstützung der Bildungs-, Jugend-, Kultur- und Sportstiftung der Mittelbrandenburgischen Sparkasse in Potsdam und der RUẞ Ingenieure AG mit großzügiger Unterstützung durch den Produktionspartner Präsenzstellen der Hochschulen des Landes Brandenburg, ReBeam - Die Green-AV und Projektor Spezialisten aus Berlin und Künstlerhaus Bethanien.

Das Programm wird kuratiert von Clara Hermann, Leiterin der JUNGEN AKADEMIE der Akademie der Künste, Helen Turner, Co-Direktorin und Chefkuratorin des E-WERK Luckenwalde, sowie Katharina Worf, Senior Kuratorin am E-WERK Luckenwalde. Die Ausstellung ist eine Kooperation zwischen E-WERK Luckenwalde, der JUNGEN AKADEMIE der Akademie der Künste und der E.ON Stiftung.

Emerson Culurgioni & Viktor Brim
Configuration Drift
Galerie Eins

Configuration Drift untersucht die materiellen Grundlagen zeitgenössischer technologischer Regime anhand von Feldforschung in Indonesien, Malaysia und Singapur. Das Projekt verfolgt, wie die Nickelgewinnung für westliche und chinesische Märkte erneuerbarer Energien sowie die Rechenzentrumsinfrastrukturen, die denselben Mächten dienen, parallele Formen der Ressourcennutzung darstellen. Da Singapurs infrastrukturelle Begrenzungen zur Verlagerung von Rechenleistung in die 33-Megawatt-Anlagen im malaysischen Johor führen, entsteht ein rekursives Muster: Sowohl „grüne“ Übergangsrohstoffe als auch Cloud-Computing-Architekturen extrahieren Ressourcen aus Südostasien, um entfernte technologische Ziele zu bedienen.

Unsere Untersuchung offenbart Landschaften, in denen sich extraktive Logiken fortlaufend neu inszenieren: Nickelabbau wird als agrarischer Vorläufer dargestellt, Palmölabfälle dienen als Brennstoff für Schmelzöfen, radioaktive Nebenprodukte werden als Dünger vermarktet. Mithilfe von Drohnentechnologie – als Erfassungsapparatur und künstlerisches Instrument – analysieren wir, wie automatisierte Wahrnehmungssysteme territoriale Werte erfassen und bewerten. Unser wachsendes visuelles Archiv, das Gewerkschaftsaussagen und Umweltaufzeichnungen einbezieht, stellt operative vor affektive Darstellung. Diese stillen Infrastrukturen, Maschinen und Logistiknetzwerke treten als zentrale Akteure in Erscheinung, die asymmetrische technologische Zukünfte strukturieren – Zukünfte, in denen westlicher und chinesischer Fortschritt durch systematische ökologische Umgestaltung anderswo ermöglicht wird.


Viktor Brim

Viktor Brim ist Künstler und Filmemacher. In seiner Arbeit setzt er sich mit den Ontologien filmischer Räume, urbanen Phänomenen und dem Begriff von Macht auseinander. Im Zentrum stehen die physische Manifestation von Machtstrukturen sowie deren räumliche und territoriale Ausdehnung. Er verbindet dokumentarische, forschende und analytische Ansätze mit der sinnlichen, ästhetischen und materiellen Qualität von Bewegtbild und installativen Elementen. Besonders interessiert ihn die Sichtbarmachung konkreter Diskurse und Ideologien in materiellen Formen.


Emerson Culurgioni

Emerson Culurgioni ist Medienkünstler und Filmemacher. Seine Arbeit untersucht die Wechselwirkungen zwischen industriellen Strukturen, räumlichem Wandel und sozioökonomischen Machtverhältnissen. Im Fokus steht die Frage, wie sichtbare und unsichtbare Einflüsse physische, digitale und soziale Räume transformieren. Mit dokumentarischen und essayistischen Methoden untersucht er die ästhetischen und strukturellen Verflechtungen von Macht und Ressourcenpolitik. Seine Filme LEUNA, HABITAT, LA DUNA und AUSBEUTUNG wurden international auf Ausstellungen und Festivals gezeigt. Für diese Ausstellung entwickeln Brim und Culurgioni eine neue Installation mit dokumentarischem Material, 3D-Simulationen und 3D-gedruckten Objekten.

Returning
Ancestral Memory Lab: Technologies of Black Speculative Returning
hn. lyonga und Safiya Yon
Mit Beiträgen von Cate Lartey, Carlos Carima und David Osaodion Odiase
Galerie Drei, Glashaus und E-WERK Eingang


„Für uns bleiben Technologie und die ‚Humanwissenschaften‘ zutiefst verstrickt in die Regime von Wissen, Macht und Praxis, die die materiellen Effekte und Bedingungen von Unfreiheit hervorbringen und aufrechterhalten. Der radikale Schritt wäre, wenn die zeitgenössischen Humanwissenschaften die notwendige Grundlage liefern würden, um sowohl die Trugbilder von Demokratie und Freiheit zu entlarven als auch uns eine neue Perspektive aufzuzeigen – eine, in der das Ringen mit dem Schwarzen Sein möglicherweise Wege – intellektuelle und andere – hin zu einer Freiheit eröffnet, die noch kommen muss.“
— Rinaldo Walcott, aus dem Gespräch Idle No More and Black Lives Matter: An Exchange with Leanne Simpson and Glen Coulthard

„Wir müssen uns eine Schwarze Welt vorstellen, um das Überall und Auf-Jede-Weise des Schwarzen Todes zu überwinden – jenes Schwarzsein, das nur durch ein solches Vokabular verstanden wird.“
— Kevin Quashie, Black Aliveness, Or a Poetics of Being

Ancestral Memory Lab ist ein lebendiges Archiv und ein spekulativer Raum des Erinnerns, der Heilung und der Imagination. Konzipiert von hn. lyonga und Safiya Yon, rückt das Lab indigene afrikanische Technologien ins Zentrum und ehrt die Lukasa-Gedächtnistafeln des Luba-Volkes als Vorlage für dynamische, trans-digitale und generationenübergreifende Archive. Verankert in einer Kritik an kolonialen techno-wissenschaftlichen Erzählungen, begreift das Lab die DR Kongo, Kamerun, Nigeria, Südafrika, Angola und Ghana als heilige Ursprungsorte von Technologie. Es schlägt ein radikal antikoloniales Rahmenwerk vor, um durch verkörperte Praktiken wie Gleaning, Atemarbeit und Ritual das Wissen der Ahnen zurückzuerobern. Die Ausstellung präsentiert multisensorische Arbeiten: hn. lyongas Installation einer weinenden Weide am Schwellenraum, Safiya Yons bestickte textile Erinnerungskarten, Cate Larteys KI-generiertes Video ihrer Großmutter, David Odiase’s klanglicher Altar und Carlos Carimas Gemälde aus familiären Fotoarchiven. Gemeinsam formen sie eine Kartografie diasporischer Erinnerung und Schwarzen Werdens – eine Frequenz, ein Ruf, ein Gefäß zwischen Trauer und Möglichkeit.


Safiya Yon, Foto: Tembela Toto Kiesa

Safiya Yon ist eine Künstlerin im Bereich Social Practice (Soziale Praxis) und systemische Beraterin für psychische Gesundheit in Gemeinschaften. Durch die Verknüpfung von narrativen Therapieansätzen, der Erinnerung an die Ahnen und kollektiven Fürsorgeinterventionen schafft sie Räume, um (neo-)koloniale Schmerzen zu transformieren und Böden für afrofuturistische Imagination und die Rückgewinnung indigener Lebensformen zu bereiten. Sie hat Care-Interventionen an verschiedenen Institutionen realisiert, darunter die Folkwang Universität der Künste, die Bundeszentrale für politische Bildung und das Schauspielhaus Dortmund. 2024 kuratierte sie die Ausstellung Rituale der Regulation im Neuen Kunstverein Wuppertal und war Mitkuratorin des Filmfestivals Where the wind scatters seeds für das Filmhaus Köln und die Akademie der Künste der Welt. 2024–2025 war sie Fellow an der Akademie der Künste Berlin, bei E-WERK Luckenwalde und der E.ON Stiftung.


hn. lyonga

hn. lyonga ist ein Schwarzer, queerer, interdisziplinärer Autor, Poet und Kurator. Sein Schaffen konzentriert sich auf Schreiben, Storytelling, Community Building und verwandte Vokabulare. Er beschäftigt sich mit Fragen von Migration, die für historisch kolonisierte und marginalisierte Gemeinschaften relevant sind. Unter anderem ist er Nachbar, (lebenslanger) Lernender und Mitglied des kuratorischen Beirats von BARAZANI.berlin – Forum Kolonialismus und Widerstand. Dort arbeitet er an Konzepten ländlicher Biografien sowie an transgenerationalem und transkontinentalem Storytelling. Seine Arbeit versteht sich als „Wake Work“ – eine Praxis im Spannungsfeld der Paradoxien rund um Schwarze Staatsbürgerschaft; sie ist zugleich das Werk des „kontinuierlichen Bewohnens und Störens von Wissenssystemen“ (Christina Sharpe, In the Wake: On Blackness and Being, 2016).


Cate Lartey, Foto: Ardelle Schneider

Cate Lartey ist Künstlerin und freie Kuratorin mit Sitz in Düsseldorf. Sie studierte Design an der Peter Behrens School of Arts in Düsseldorf und absolvierte ein postgraduales Studium an der Kunsthochschule für Medien Köln mit dem Schwerpunkt Kunst- und Medientheorie. Ihre Arbeit beschäftigt sich mit Ästhetik, Archivpraktiken sowie visuellen und materiellen Kulturen – mit besonderem Fokus auf Afrika und seine Diaspora. Ihr kuratorischer Ansatz ist geprägt von Theorien visueller und materieller Kultur und schafft Räume für Begegnung, Lernen und Wissensaustausch.


Carlos Carima

Carlos Carima ist ein Maler, geboren in Angola, mit Wohnsitz in Köln. Er schloss sein Malereistudium an der Universität der Künste Essen mit Auszeichnung ab und nahm 2023 an der Art Toll Residency in Bedburg-Hau teil. Zu seinen jüngsten Ausstellungen zählen seine erste Einzelausstellung Black Magic Realism bei DokxDoks (Köln), Afro German Art beim BBK München – Galerie der Künstler*innen, im BBK Kunstforum Düsseldorf, bei Contemporary Art Ruhr (C.A.R.), im UNESCO-Welterbe Zollverein (Essen) sowie seine Solo-Performance Spirituality and Quietness am Schauspielhaus Dortmund (2023), in der er verkörperte Erinnerung und kollektive Heilung thematisierte.

Carimas Malerei konzentriert sich auf figurative Darstellungen abstrakter Schwarzer Körper. Seine Arbeiten folgen einer neuen Tradition Schwarzen magischen Realismus, die über Repräsentation und Spiritualität hinausgeht. Die Werke enthalten autobiografische Elemente; ihr leuchtender Farbeinsatz schlägt Brücken zwischen Ahnenwelt und irdischer Realität. Die Figuren tragen eigene Identitäten und bewahren ihre Würde. Sie sind Wesen, deren Leben in die Zukunft reicht – hervorgegangen aus inneren Bildarchiven und familiären Fotoalben, aus denen sie auf die Leinwand zurückgerufen werden. 2025 wurde Carima für den Kunstpreis Junge Positionen NRW an der Künstlerzeche Unser Fritz 2/3 nominiert, der Nachwuchskünstler*innen aus nordrhein-westfälischen Kunsthochschulen ehrt.


David Osaodion Odiase

David Osaodion Odiase ist ein transdisziplinärer Künstler und Mitglied des African Narrative Collective. Seine Praxis bewegt sich an den Schnittstellen von Poesie, Performance, Film, indigenen Technologien und spekulativen Methodologien. Seine Arbeit setzt sich kritisch mit den verflochtenen Geschichten, Wissenssystemen und kulturellen Imaginationen Afrikas auseinander – mit dem Ziel, hegemoniale Narrative zu dekonstruieren und Ahnenwissen als zentrales Werkzeug der Re-Weltbildung in den Vordergrund zu rücken. Odiases Video- und Performancearbeiten wurden auf Festivals und in Institutionen in Afrika, Europa und Amerika gezeigt – unter anderem beim African International Film Festival (Nigeria), Zebra Poetry Film Festival (Deutschland), SOMA (Mexiko), der National Poetry Library (UK), Kampnagel Hamburg sowie im Haus der Kulturen der Welt im Rahmen der Berlin Science Week. Seine aktuellen künstlerischen Forschungen verbinden Quantenmechanik mit afrikanischen indigenen Philosophien und untersuchen Konzepte wie Quanten-Gedächtnis, Retrokausalität und die Nichtlinearität von Zeit. Verankert in afrozentristischen Ontologien entwirft Odiase ein reparatives Modell kultureller Restitution – eines, das Zeitlichkeit und kollektives Gedächtnis als emanzipatorische Werkzeuge neu denkt.

Kira Xonorika
Deep Time Dance
Turbinenhalle


Während ihres dreimonatigen Human-Machine-Stipendiums entwickelte Kira Xonorika ihren Film Deep Time Dance weiter – eine Arbeit, die makrokosmische Verbindungen, spekulative Terraformung und Tanz erforscht. Inspiriert von der Guaraní-Kosmologie und dem Two-Spirit Indigenous Futurism stellt die Arbeit Freude, Lust und Bewegung als zentrale Kräfte ins Zentrum. Ergänzend zum Film schuf Kira eine monumentale Skulptur, die in der Turbinenhalle installiert wird und in einen räumlichen Dialog mit dem bewegten Bild tritt. Gemeinsam erkunden diese Arbeiten das Potenzial von KI, um eine Form von Ahn*innenintuition zu kultivieren – als einen Prozess der Re-Indigenisierung, der somatisches Wissen, symbolisches Gedächtnis, Spiritualität und techno-wissenschaftliche Zukünfte neu belebt.

Sediment
Flaggeninstallation
E-WERK-Flaggenmasten

Die Installation Sediment bestand aus hohen Textilbannern mit KI-generierten Bildmotiven, die auf der Basis ethisch trainierter Datensätze aus Kiras Forschung entstanden. Mittels digitaler Collagetechniken werden in diesen Arbeiten kulturelle Ahnenarchive innerhalb öko-futuristischer und regenerativer Landschaften neu imaginiert.


Kira Xonorika

Kira Xonorika ist Künstlerin, Autorin und Futuristin. In ihrer Arbeit setzt sie sich mit Technowissenschaft, indigener Souveränität, Zeitlichkeit, Worldbuilding sowie planetarer und interspezifischer Intelligenz auseinander. Sie war Stipendiatin und Resident u. a. beim Vera List Center for Art and Politics, Hyundai Artlab, Dreaming Beyond AI, Momus, Eyebeam, Salzburg Global Seminar und Ars Electronica. Ihre Texte wurden u. a. in e-flux, C Magazine und bei Cambridge University Press veröffentlicht. Ihre Arbeiten wurden international ausgestellt, u. a. in der Ford Foundation Gallery, bei arebyte, Honor Fraser Gallery und im Roy and Edna Disney/CalArts Theater. Sie ist Gründerin und Kuratorin des Future Memory Lab, der ersten südamerikanischen Residenz mit Fokus auf KI.

Maithu Bùi
Operation Remediation
Turbinenhalle

Operation Remediation untersucht die Migration technologischer Innovationen und deren Auswirkungen auf Ökosysteme, mit einem Schwerpunkt auf der Neuverhandlung der Grenzen des Humanoiden. Basierend auf Maithu Bûis persönlicher Geschichte thematisiert die Arbeit die anhaltenden Folgen von Krieg und die Verflechtung technologischer Systeme mit Strukturen der Ausbeutung.

Das Projekt konzentriert sich auf die Instrumentalisierung biologischer Akteure bei der Detektion und Entsorgung von Sprengstoffen – zum Beispiel Riesenbeutelratten, Honigbienen oder gentechnisch veränderte E. coli – häufig in Kombination mit Sensortechnologien unter komplexen Umweltbedingungen. In Vietnam werden zum Beispiel kriegsbedingte Schadstoffe durch saisonale Überschwemmungen und durch den Klimawandel verstärkte Erosion reaktiviert. Wie Leah Zani vorschlägt, können ehemalige Schlachtfelder als „Bombenökologien“ verstanden werden.[*]

Operation Remediation stellt die Frage, wer innerhalb dieser techno-ökologischen Systeme geschützt ist – und wer nicht. Was, wenn nur privilegierte Kinder, ausgestattet mit biosensorunterstützten Anzügen, sicher auf kontaminierten Spielplätzen spielen könnten?

[*] Zani, Leah. 2018. Bomb Ecologies


Maithu Bùi, Foto: Markus Amon

Maithu Bùi (geb. 1991 in Plauen) untersucht Netzwerke menschlicher Eingriffe und deren Verflechtungen mit Lebensformen an der Schnittstelle von kollektiver Geschichte, Wissenschaft und Technologie. Bùi studierte Sprachphilosophie und Logik an der LMU München sowie Freie Kunst an der UdK Berlin. Arbeiten wurden u. a. auf der 12. Berlin Biennale, in der Bundeskunsthalle Bonn und der Kunsthalle Bratislava gezeigt. Bùi ist Mitbegründer*in des Forschungskollektivs Curating through Conflict with Care (CCC) sowie der Arbeitsgruppe art+computation an der Gesellschaft für Informatik. 2024 ist Bùi Human Machine Fellow an der Akademie der Künste, 2025 Fellow bei Dreaming Beyond AI und erhielt 2025 ein Stipendium der Stiftung Kunstfonds.

Rae Hsu
Water Remembers What Capital Forgets (water does not speak, it spills)
Galerie Zwei

Diese Installation stellt antike Webtechnologie den finanziellen und rechnerischen Infrastrukturen gegenüber. Anstelle von Fasern bilden die Kette und der Schuss dieses Gewebes einen kontinuierlichen Wasserstrom. Ein Mikrocontroller koppelt den Wasserfluss an die Echtzeit-Volatilität des Aktienkurses von NVIDIA und verbindet so das antike Handwerk mit den heutigen Märkten und dem Unternehmen, das für seine Dominanz im globalen KI-Bedarf steht.

Darüber hinaus erzeugt eine generative Klanglandschaft, die gemeinsam mit The Empathy Machine, einem Sprachmodell, das Unterschiedlichkeit über Gleichheit privilegiert, entwickelt wurde, Reflexionen über Liquidität, Berechnung, Empathie und Reichtum. KI ist eine Funktion von Liquidität: Kapital, Berechnung und Wasser. Finanzspekulation treibt die Expansion von KI voran, während Süßwasser Serverfarmen kühlt und ultrapures Wasser Siliziumwafer reinigt. Mit dem Verschütten von Wasser: Welche Geschichten entweichen, wenn die Abstraktionen des Profits auf die materiellen Kosten von Durst treffen?


HSURAE

HSURAE ist Künstler*in und Pädagog*in mit Sitz in New York und Taipeh. Die Praxis umfasst das Konzept der Latenz innerhalb von Natur und Kunst. Statt zu enthüllen oder zu beschleunigen, findet HSURAE kleine Freuden in der Unbestimmtheit, die latenter Raum und latentes Wissen bieten – eine Art Photogrammetrie des Universums aus Platons Höhle heraus. Das künstlerische Medium, wie auch die Person, ist niemals reines Objekt, niemals reines Subjekt; es reicht von heißem Glas über Fibroblasten bis hin zu subversiven biologischen Materialien. HSURAE arbeitet daran, die relationalen Geometrien zwischen Menschen, Nicht-Menschen und Maschinen durch geschichtete, multiskalare Erzählungen von Handlungsmacht und Zeitlichkeit zu entschlüsseln.

Die aktuelle Forschung beschäftigt sich mit der Unreduzierbarkeit von künstlicher Intelligenz als ästhetischer Qualität – eine Qualität, die wie Latenz vollständiges Verständnis verweigert, aber Spekulation einlädt. HSURAE hat einen Master of Science in Art, Culture, and Technology vom MIT und unterrichtet derzeit an der New School und der NYU. Arbeiten von HSURAE wurden unter anderem im Taipei Fine Arts Museum, National Taiwan Museum of Fine Arts, MAXXI Rom, European Cultural Center, TORN theater space, Dubai BAIT15, Taipei Digital Art Festival, Medialab Prado, Weisner Gallery, Sakiya Palestine, Grand Siecle Gallery, Yiri Art Gallery und Olfactory Keller NY gezeigt. Künstlerresidenzen umfassen SymbioticA, hangar.org, Medialab Prado, _V2 Institute for the Unstable Media, Coalesce BioArt Lab und Urbanglass.

Sonya Isupova
Dnypro: Veränderungen der ukrainischen Landschaft beobachten: überwachen, verfolgen, zielen
Maschinenraum

Infrastruktur ist oft unsichtbar, bis sie versagt – wie tragisch am 6. Juni 2023 demonstriert, als die Zerstörung des Kachowka-Staudamms großes menschliches Leid verursachte und zu einer schweren Umweltkatastrophe mit weitreichenden Folgen wurde.

Dieses Projekt untersucht die ökologischen Auswirkungen des anhaltenden Krieges in der Ukraine, mit besonderem Fokus auf die stark betroffenen südlichen Regionen und die Folgen der Zerstörung des Kachowka-Staudamms. Die Installation beleuchtet die Beziehung zwischen Mensch und Maschine, zwischen Kartograf und Karte, sowie die Herausforderungen, denen Fernerkundungsinfrastrukturen gegenüberstehen. Sie hinterfragt auch den Prozess des Kartierens selbst als Mittel, die täglichen Veränderungen der Landschaft während des Krieges wahrzunehmen.

Für diese Arbeit baute Sonya Isupova einen metaphorischen Satelliten – eine selbstgebaute Maschine, die über dem Land schwebt, Daten mit begrenzter Genauigkeit erfasst und Satellitenbilder in Karten transformiert. Mithilfe von NDWI-Daten (Normalized Difference Water Index), die den Wassergehalt in Vegetation und offenen Gewässern überwachen, zeichnet sie den veränderten Verlauf des Dnipro-Flusses nach der Zerstörung des Damms nach. Ohne den Damm kehrt der Fluss in sein ursprüngliches Flussbett zurück. Die Karte entfaltet sich wie der Fluss selbst und zeigt Strudel, Stromschnellen, Kanäle und Nebenarme Stück für Stück. Unvollkommen und unvollständig verkörpert die Karte die inhärenten Ungenauigkeiten aller Kartierungen – die einzige Sicherheit ist, dass die Rolle sich weiterdreht und der Fluss weiter auftaucht.

Für die Ausstellung im E-WERK Luckenwalde konstruierte Isupova eine neue vertikale Zeichnungsmaschine, die die Präsentation der Karten verändert. Anstatt flach zu liegen, fließen die Karten in Echtzeit auf den Boden herab, während sie erzeugt werden, sodass das Publikum den Kartierungsprozess live miterleben kann. Dies betont sowohl die Fluidität der Landschaft als auch die kontinuierliche Produktion von Wissen.

Credits
Wissenschaftliche Mitarbeit: Anatolii Chernov PhD, Sofia Hordiichuk
Technische Assistenz: David Heritier, Frédéric Butor-Blamont
Mit Unterstützung von: HEAD Geneva, Kyiv Emergency Art Platform


Sonya Isupova

Sonya Isupova (Kyjiw, Ukraine, 1994) ist eine ukrainische bildende Künstlerin und Designerin sowie Doktorandin an der Estnischen Kunstakademie. Ihre Arbeit verbindet Kunst und Design in der Schaffung von Maschinen, die das von Krieg betroffene ukrainische Gebiet kartieren. Aktuelle Projekte beschäftigen sich mit Postkolonialität, Territorialität und den inhärenten Widersprüchen des Kartierens in unsicheren Zeiten. Durch ihre Maschinen erforscht sie die Beziehung zwischen Menschen und Fernerkundungsinfrastrukturen sowie deren jeweilige Grenzen. Ihr Projekt Mapping Uncertain Landscape erhielt eine ehrenvolle Erwähnung beim S+T+ARTS Prize Ars Electronica.